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Kapitel 7: Neuigkeiten und Neuanfaenge

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Aus Gewohnheit hielt sie sich die linke Hand vor den Mund, als sie zu gähnen begann. Zwar wäre niemand in der Nähe gewesen, um sich bei ihr aufregen zu können, aber es ging irgendwie ums Prinzip. Eine Prinzessin präsentierte nicht jedem ihre Mandeln. Wobei man sagen konnte, dass es allgemein zu den guten Manieren zählte. Sie hatte sich heute zum Lernen an den Roccaluce-See zurückgezogen. Unter einem der Bäume dicht am Ufer hatte sie eine Decke ausgebreitet, ein wenig Wasser und ein Snack für zwischendurch durften auch nicht fehlen. Momentan war sie schulisch ziemlich eingespannt. Am meisten bewunderte sie ja Sophia. Sie machte irgendwie durchgehend Party, lernte dafür aber auch wie der Teufel – seltsame Kombination. Vor allem, da ihr dadurch eigentlich keine Freizeit blieb. Allerdings hatte Kalea – als einzige in ihrem Schlafsaal – schon Charmix erreicht. Das war wiederrum etwas, was Sophia ziemlich zu wurmen schien. Sie wusste, dass sie diese Verwandlung für einen erfolgreichen Abschluss des zweiten Jahres brauchte und ihr lief langsam die Zeit davon. Das Problem – man konnte diese Verwandlung nicht erzwingen. Allerdings war sie in dieser Hinsicht einfach überehrgeizig und ungern hinten nach. Rose und Pandora hingegen ließen sich ihren Unmut, wenn er denn vorhanden war, kaum anmerken.
Nochmals gähnend blätterte sie um. Langsam ging ihr diese ganze Theorie über strategische Verteidigung auf die Nerven. Um sie herum lagen haufenweise Bücher, da sie sich nicht mal wirklich entscheiden konnte, für welches Fach sie als Erstes lernen sollte. Begonnen hatte sie mit Geschichte der Magie, danach ein wenig Verwandlungszauber, jetzt Defensivtheorie und später stand dann nochmal etwas über Heilkräuter und Gifte an. Gott, auf diese Art und Weise konnte man Wochenende definitiv nicht genießen. Die nächste Woche würde es nämlich in sich haben. Beim Feiern am Freitagabend war es ihr schon nicht sonderlich gut gegangen, wobei die frische Luft geholfen hatte. Sie war im Endeffekt sogar nochmal zurück in den Club gegangen. Allerdings hatten der kalte Rauch, der Schweißgeruch und… irgendwie die gesamten Sinneseindrücke überwältigt. Sie war ja sowieso nur mit Jason in erster Linie nach draußen gegangen, da ihr kaum entgehen konnte, wie gut sich Caleb und Pandora verstanden. Vielleicht war sie ja sogar ein kleines bisschen verschossen, wobei auch er schon ein wenig mit ihr geflirtet hatte. Kalea musste schmunzeln.
Neben ihr glitzerte die Wasseroberfläche des Sees gerade in bunten Farben. Anscheinend wagten sich ein paar der Undinen vorsichtig an die Wasseroberfläche. Von ihrer Mutter hatte sie gehört, dass ihre Tante Daphne lange Zeit in diesem See gehaust hatte. Damals, als Sirenix noch verflucht gewesen war. Sie hatte die Quelle dieser Macht gehütet und ein Portal zum Unendlichen Ozean bewacht. Kalea hatten Geschichten über ihre Tante immer gefallen. Es war faszinierend zu wissen, dass sie eine der großen Nymphen von Magix war. Mittlerweile sogar Königin von Domino. Kaleas Großeltern hatten nämlich den Thron vor ein paar Jahren an ihre Tochter abgegeben, um sich selbst ein wenig zurückzuziehen. An sich war sie ziemlich stolz auf ihre Herkunft, auf die ganze Geschichte, die ihre Vorfahren erlebt hatten, jedoch war es immer noch nervig Professor Marigold das Ganze mehrmals durchkauen zu lassen. Zumindest hatten die spöttischen Kommentare aufgehört – zumindest größten Teils.
Ein Motorengeräusch – ziemlich leise, aber doch deutlich hörbar – durchbrach die idyllische Stille. Vermutlich waren ein paar Jungs an der Roten Fontäne wieder unterwegs und machten begeisterte Rennen durch die Wälder. Das Motorengeräusch näherte sich, wurde allerdings kaum merklich lauter. Die Technik war schon ziemlich gut. Kalea hatte es allerdings nicht so dringend nötig Windreiterrennen beizuwohnen – also als Fahrer. Plötzlich verstummte das Geräusch. Sie runzelte die Stirn und drehte sich in die Richtung um, aus der es gekommen war. In diesem Moment sprang jemand ab. Anscheinend bekam sie Gesellschaft. Der Spezialist musste jedoch nicht mal den Helm abnehmen, damit sie erkannte, wer es war.
„Jason…“, begrüßte sie ihn mit gemischten Gefühlen.
Er nahm den Helm ab und stellte ihn auf dem Sitz des Windreiters ab, ehe er unsicher zu ihr hinüber kam. „Hey… Pandora meinte, du wärst hier.“ Er kratzte sich am Hinterkopf.
Kalea nickte langsam. Anscheinend hatte er in Alfea zuerst nach ihr gesucht. Zögerlich legte sie ihr Buch zur Seite und sah unsicher zu ihm auf. Mit den Fingern nestelte sie am Saum ihrer Bluse herum, während sie zu ihm aufsah. „Warum hast du mich denn überhaupt gesucht?“ Ihre Worte klangen fast ein wenig angriffslustig, aber irgendwie schaffte sie es nicht, es freundlicher klingen zu lassen.
Jason zuckte sogar leicht zusammen. Sein Blick wurde ziemlich ernst. „Weißt du… ich glaube wir sollten mal richtig miteinander reden.“ Er seufzte leise und ließ seine Hände in die Hosentaschen seiner Jeans gleiten. „Ich weiß, dass du ziemlich verletzt bist, weil ich mich damals nicht mehr gerührt habe. Es war scheiße… ziemlich scheiße sogar.“ Jason biss sich auf die Unterlippe, während Kaleas Nasenflügel zu zucken begannen. „Du warst meine beste Freundin seit ich denken kann und ich… ich kann mich einfach nicht damit abfinden, dass das alles nichts mehr wert ist, verstehst du?“
Kalea schluckte. Wut kochte irgendwie in ihr hoch. „Ich hab dir geschrieben, weißt du noch? Wie lange hab ich auf deine Antwort gewartet, hm? Es ist nie etwas gekommen.“ Sie biss sich auf die Unterlippe und schüttelte vehement den Kopf.
„Ich hab dir gerade gesagt, dass es mir Leid tut!“, fuhr er auf. Mit Kritik hatte er noch nie so gut umgehen können. Schon als Kinder waren die Sturschädel stets an einander geraten.
„Ja – jetzt! Meinst du nicht, dass es ein wenig spät ist“, fauchte sie zurück und ihre Augen verengten sich. War ja ein tolles Gespräch. Wut und Verzweiflung kamen wieder hoch. Sie sah sich selbst als kleines Mädchen, das ewig auf eine Antwort gewartet hatte. Viel geweint hatte sie. Nichts war gekommen. Irgendwann war sie eingeschnappt gewesen, hatte keinen Finger mehr rühren wollen. Jason war für sie gestorben gewesen. Alles gut eigentlich. Doch dann hatte sie ihn wiedergesehen – Beginn dieses Schuljahres an der Roten Fontäne.
„Es ist nie zu spät, verdammt noch mal. Glaubst du etwa, dass ich mich nicht geschämt habe? Ich hatte es selbst nicht supereinfach. Ich musste mich auch in einer neuen Umgebung zurechtfinden, schauen wie ich so klarkomme.“ Jason schüttelte den Kopf. Seine Hände schossen aus den Hosentaschen und er begann wild zu gestikulieren. „Ja, ich geb es zu – ich habe vergessen. Aber genau deswegen hab ich mich so erbärmlich gefühlt. Ich hab mich nicht mehr getraut mich bei dir zu melden. Ich wusste, dass du mich hassen würdest. Du bist verdammt nachtragend in solchen Dingen.“ Er hielt ihrem Blick nicht mehr stand, sah einfach zu Boden.
Kaleas Unterlippe bebte. „Und was war dann an der Roten Fontäne? Als wir uns wiedergesehen haben? Hast du geglaubt das klappt einfach wieder?“
„Ziemlich naiv das zu glauben, was?“ Er versuchte ein schwaches Lächeln, während er den Kopf anhob. Jason wirkte wie ein getretener Dackel. „Ich hatte gehofft… einfach gehofft, dass es halt funktionieren würde, dass wir vergessen könnten, was gewesen ist. Oder zumindest, dass wir das Schlechte vergessen könnten. Ich hab dich in den Jahren wirklich vermisst… jedes Jahr an deinem Geburtstag wollte ich dir eigentlich schreiben, aber… ich bin mir blöd vorgekommen und du… du hättest es doch nicht mal angenommen und wärst vermutlich nur wütend geworden.“
„Ja“, seufzte Kalea. Sie musste schlucken. „Das könnte stimmen.“ Ihr fiel nichts ein, was sie noch hätte sagen können. Eine unheimliche Stille entstand. Irgendwo zwitscherten ein paar Vögelchen.
Jason ging langsam in die Hocke. Mit einer seiner Hände stützte er sich dabei am Boden ab. „Glaubst du, wir könnten nochmal bei null beginnen? Alles auf Anfang stellen?“ Er legte den Kopf schief. „Als Kind hast du mich in- und auswendig gekannt. Wir beide haben uns verändert schätze ich. Es… wir kennen uns eigentlich kaum mehr, sind irgendwie Fremde geworden. Ich hab versucht mit der kleinen Kalea wieder in Kontakt zu treten, aber… sie ist halt groß geworden.“ Seine Worte trafen sie. Ziemlich. Kalea war verletzt gewesen über seine Art mit ihren Gefühlen umzugehen. Traurig senkte sie den Kopf. Sie ließ die Erinnerungen kommen, schwieg ihn an. Sie ließ ihn nicht absichtlich zappeln, wollte nur ehrlich sein. Konnte sie verzeihen? Nein, das lag ihr nicht so ganz. Zumindest nicht so. „Aber ich glaube auch wenn du anders geworden bist, hast du die Fähigkeit eine gute Freundin zu sein nicht verloren. Ich möchte dich nicht missen, aber… wenn du genug von mir hast, kann ich dir sonst auch aus dem Weg gehen.“
Eigentlich hatte sie Jason schon einmal verloren. Es war ihr dreckig gegangen. Was war nun das Problem? Das Vertrauen? Die Angst, dass er sie wieder enttäuschen und fallen lassen würde. Vermutlich. Kalea hatte Panik, dass sie versagen könnte. Versagen im Aufrechterhalten einer Freundschaft, im Unterricht, im Versuch ihre Familie stolz auf sie zu machen. In diesem Moment dachte sie an ihr Charmix. Sie hatte gesagt, dass sie nicht länger im Schatten stehen würde. Wobei, nein. Ihre Worte waren gewesen, dass sie ja eigentlich nie im Schatten gestanden hatte. Jason war jemand, der immer für andere da war, wenn man ihn brauchte. Das hatte sich nicht geändert. Er hatte sich um sie gesorgt, um sie gekümmert, als es ihr beim Stadtfest in Magix scheiße gegangen war. Etwas zögerlich sah sie zu ihm auf. Sie versuchte ein Lächeln, wobei es ziemlich unsicher wirkte. „Ähm… hey… ich bin Kalea und… du?“
Man sah ihm an, dass in dieser Sekunde eine unglaublich große Last von seinen Schultern fiel. Jason atmete tief durch. Ein Lächeln umspielte seine Lippen – weitaus euphorischer als das von ihr selbst. Allerdings fühlte sie sich angesteckt. Die Situation war komisch, aber trotzdem konnte sie genau in diesem Moment in seiner Gegenwart wieder ernsthaft lächeln. Sein Gesichtsausdruck gab ihr irgendwo Sicherheit.


Ihre Schritte halten in dem geräumigen Gang, als Rose gemeinsam mit Sophia schnell durch die Gänge der Roten Fontäne schritt. Sophia gab mittlerweile ein derart schnelles Tempo vor, dass Rose Probleme hatte mitzuhalten und tief in sich drin ein wenig bereute sich der Brünetten angeschlossen zu haben und nicht einfach alleine gegangen zu sein. Dabei war es Sophias Schuld, dass die beiden äußerst knapp in der Zeit lagen. Sie hatte ewig gebraucht um sich für ein Outfit zu entscheiden, dabei war sie lediglich wie jede Woche zum Training verabredet. Als Sophia jedoch das Telefongespräch zwischen Rose und Rabin mitbekommen hatte, hatte sie darauf bestanden, dass Rose und sie zusammen zur Roten Fontäne fahren würden. Etwas, auf das Rose im Nachhinein wirklich hätte verzichten können. Doch letztendlich konnte selbst diese ganze Hetzerei Rose ihre gute Laune nicht nehmen. Rabin hatte ihr bereits am Telefon berichtet, ihr unbedingt etwas zeigen zu wollen und hatte wirklich begeistert geklungen. Er hatte nicht verraten wollen um was es sich handelte und so kam sie nicht umhin ein wenig neugierig zu sein und sich so ihre Gedanken zu machen, um was es sich wohl handeln könnte. Außerdem trieb ihr selbst der Gedanke daran Rabin gleich wiederzusehen ein Lächeln auf die Lippen, obwohl sie sich erst sehr spät am gestrigen Abend verabschiedet hatten.
Tatsächlich war betreffende Brünette links neben ihr der einzige Grund warum Rabin überhaupt noch nach hause gefahren war. Sie hatten bereits gemütlich in ihrem eigentlich viel zu kleinem Bett geschlafen, als irgendwann weit nach Mitternacht Sophia in ihr Zimmer gestolpert gekommen war und ihre Tasche gesucht hatte. Diese hatte aber anscheinend Pandora mitgenommen, wie Kalea ihr lautstark mitgeteilt hatte, die durch Sophias rücksichtslosen Auftritt ebenfalls aus ihrem erholsamen Schlaf gerissen worden war. Doch Sophia hatte anscheinend derart tief ins Glas geschaut, dass ihr jegliche Aggressionen ausgehend von der Prinzessin Eraklyons entgangen waren und sie auch noch begonnen hatte Rose darüber auszufragen wie denn ihr Abend mit Rabin gewesen war. Zugegeben wunderte sich Rose ein wenig, wie die Prinzessin von Cyros überhaupt schon wieder so fit sein konnte. Sie selbst hätte wahrscheinlich den ganzen Tag im Bett verbracht, wenn sie ähnlich alkoholisiert gewesen wäre wie Sophia in der letzten Nacht.
„... und dann haben May und ich überlegt, wo wir dieses Jahr unsere Party schmeißen, nachdem wir unser Motto festgelegt hatten. Aber wir konnten uns nicht wirklich einigen, welche Location wohl am besten passen würde, deswegen werden wir wahrscheinlich einfach den Festsaal in Cyros so schmücken, dass er perfekt zum Motto passt. Oder was denkst du?“ Schlagartig wurde Rose aus ihren Gedanken gerissen, als Sophia sich plötzlich an sie wandte. Sie hatte zwar mitbekommen, dass ihre Freundin seit Minuten sprach, doch normalerweise konnte man es getrost ignorieren, wenn Sophia über Partyplanungen sprach. Sie war dann meistens so in ihrem Element, dass sie gar nicht mitbekam, dass man ihr nicht zuhörte. Dass sie jetzt plötzlich allerdings eine Antwort erwartete, brachte Rose kurz aus dem Konzept.
„Ja, finde ich gut.“, meinte sie dann aber. Es war immer eine bessere Idee einfach zuzustimmen, so würde Sophia wahrscheinlich einfach weiter erzählen.
„Ja, nicht?“ Sie strahlte Rose an und fuhr fort mit ihren Erzählungen, während Rose sich wieder ihren Gedanken zuwandte. Sie bekam noch am Rande mit, dass die Brünette irgendwas von Girlanden erzählte und einem großen Buffett mit unzähligem Fingerfood getreu dem Motto, aber letztendlich würde Rose noch früh genug mitbekommen, was ihre Freundin alles plante. Und bis zur Party, die jedes Jahr den Ferienbeginn einläutete, mussten ja auch erst noch die ganzen Klausuren bestanden werden. Nicht, dass sie das besonders interessierte, sie hatte sich noch nie besonders viele Sorgen um ihre schulische Laufbahn gemacht.

Gemeinsam bogen die beiden Mädchen um die nächste Ecke und bereits aus einiger Entfernung konnte Rose zwei Jungen erkennen, von denen sie den einen nur zu gut kannte. Sicheren Schrittes trat sie zu ihrem Freund heran und legte sanft ihre Hände um seinen Nacken, ehe sie ihn zu sich herunterzog und ihm einen leichten Kuss auf die Lippen hauchte.
„Hast du mich vermisst?“, fragte Rabin Rose mit einem leichten Lächeln auf den Lippen, als sie sich wieder voneinander gelöst hatten und zauberte ihr ein Grinsen auf die Lippen.
„Wir haben uns doch quasi eben erst verabschiedet, du Dummkopf.“, lachte Rose, verschwieg jedoch gewissenhaft, dass sie ihn tatsächlich schon vermisst hatte.
Ein Tippen auf ihrer Schulter brachte sie schließlich dazu ihren Blick von den blauen Augen Rabins abzuwenden und in die nicht minder blauen Augen ihrer Freundin zu schauen.
„Da ich vermute, dass die Gefahr besteht, dass das hier gleich nicht mehr jugendfrei ist, wollte ich nur Bescheid sagen, dass Fynn und ich zum Trainingsplatz flüchten.“, verkündete eine grinsende Sophia, der ein muskulöser Arm um die Schulter gelegt worden war. Rose Blick folgte diesem Arm und sie musste leicht den Kopf in den Nacken legen um dem Riesen in das Gesicht sehen zu können. Es war Sophias bester Freund Fynn, den sie zwar schon das ein oder andere Mal gesehen, aber selten mit ihm gesprochen hatte. Sie erinnerte sich daran, dass Sophia mal erzählt hatte, dass sie und Fynn sich schon ewig kannten, doch viel wusste sie nicht über den großgewachsenen Jungen, der seinen Blick bisher nicht von Sophia abgewandt hatte.
„Geht klar, Rabin wollte mir eh etwas zeigen.“, erwiderte Rose nickend und warf einen kurzen Blick zu ihrem Freund, der mittlerweile seinen Arm fest um ihre Taille geschlungen hatte.
„Dann sehen wir uns später.“ Sophia warf ihren Arm in die Luft, ehe sie Fynns Handgelenk umgriff und ihn den Gang hinabzog. Etwas, das er nur mit einem Lachen quittierte, das langsam verklang, als die beiden außer Sichtweite verschwanden.
„Also, was wolltest du mir zeigen?“, wandte sich Rose wieder an Rabin, drehte sich zu ihm und legte ihre Hände abermals um seinen Nacken. Ein begeistertes Funkeln trat in seine Augen.
„Wollen wir nicht vielleicht erst einmal Sophias Sorgen bestätigen und das Ganze hier weniger jugendfrei machen?“ Er schmunzelte und Rose schlug ihm spielerisch gegen die Brust.
„Idiot.“, sagte sie, konnte jedoch ein Grinsen nicht unterdrücken: „Du hast mich am Telefon so neugierig gemacht, dass ich nicht mehr warten möchte. Selbst Schuld.“ Er seufzte theatralisch und griff sich gespielt verletzt an die Brust.
„Es verletzt mich, dass Ihr mich verschmäht, my Lady.“ Lachend setzte er sich in Bewegung und griff nach ihrer Hand, als sie ihm folgte.
„Ist der Herr etwa in seinem Stolz gekränkt.“, erwiderte die Schwarzhaarige, während das Paar gemeinsam durch die Rote Fontäne schritt. Rabin lenkte ihre Schritte und sie vertraute ihm bedingungslos. Außerdem hatte sie absolut keine Ahnung, wo es denn nun hingehen sollte oder um was es sich bei der großen Neuigkeit handeln könnte.
„Vielleicht ein bisschen gekränkt. Aber ich weiß ja wie gut ich aussehe und dass du mir, wenn es hart auf hart kommt eh niemals widerstehen könntest.“ Sein selbstsicheres Grinsen ließ sie den Kopf schütteln.
„Sei dir da mal nicht zu sicher. Ich habe eine gute Selbstbeherrschung.“, antwortete sie belustigt und trat hinter Rabin durch eine große Flügeltür, die er ihr, ganz der Gentleman, aufhielt.
„Aber jetzt zu den wichtigen Dingen.“, sagte er und machte eine ausholende Handbewegung. Seine Augen funkelten abermals begeistert und beobachteten sie genau. Rose hob den Blick, sah sich kurz um und stellte fest, dass sie sich in einer großen, geräumigen Halle befand, deren Decke und Boden in einem klinischen weiß gehalten war. In der Mitte des Raumes befanden sich zahlreiche Windreiter. Sie hob verwirrt die Augenbrauen, wandte den Blick von den Maschinen ab und sah hinauf zu Rabin, der immer noch ungemein erwartungsvoll blickte.
„Das hier sind die neusten Modelle. Sie sind noch nicht mal auf dem Markt und es wurde uns erlaubt sie hier zu testen. Das ist eine unglaubliche Ehre.“, erzählte er begeistert, während er Rose an der Hand zu den Windreitern zog. Als sie näher an einer der Maschinen standen, betrachtete sie sie genauer, doch so wirklich verstehen konnte sie die Begeisterung ihres Freundes nicht. Klar, diese Windreiter sahen ein wenig anders aus, als die, die sie gewohnt war, doch letztendlich waren es NUR Windreiter.
„Seit wann hast du solch eine Vorliebe für Windreiter?“, erkundigte sich Rose bei Rabin und strich vorsichtig über das kalte Metall des Exemplares vor ihr. Es war kalt, aber auch unglaublich makellos, grade so, als wäre sie die erste Person, die es jemals berührte. Neugierig sah sie zu dem Blonden hinauf und wartete auf eine Antwort. Tatsächlich war Rose wirklich verwirrt davon, dass Rabin derart begeistert war, denn er hatte niemals viel für Windreiter übrig gehabt. Natürlich benutzte auch er die Maschinen regelmäßig, doch er war nie im gleichen Maße verrückt danach gewesen, wie andere Jungen in seinem Alter.
„Es ist einfach nur ein unglaubliches Wunder, dass wir sie testen dürfen. Kannst du dir das vorstellen? Der Hersteller ist extra auf uns zugegangen, niemand sonst hat sie bisher im Alltag verwendet.“ Seine Begeisterung ließ sie lachen. Er führte sich ein wenig auf wie ein kleines Kind an Weihnachten und zugegebenermaßen hatte sie ihren Freund äußerst selten so erlebt. Und dass es nun ein Windreiter war, der ihm so eine Begeisterung entlockte, war doch wirklich faszinierend.
„Bist du schon darauf gefahren?“
Er schüttelte ehrfürchtig den Kopf, ehe er antwortet: „Noch nicht, sie wurden erst heute Morgen geliefert und bis jetzt wurden sie noch durchgecheckt und auf Schäden geprüft. Es muss ein paar Komplikationen beim Transport gegeben haben, aber anscheinend ist nichts dabei kaputt gegangen. Morgen werden wir sie das erste Mal testen dürfen.“ Ein begeistertes Grinsen trat auf seine Lippen und er warf den Arm um ihre Schultern. „Jetzt mal im ernst, Rose. Ich kann es wirklich kaum erwarten.“
Gemeinsam schritten sie weiter zwischen den Reihen der Windreiter hindurch. Auch, wenn Rose immer noch nicht wirklich verstand, wieso ein neuer Windreiter so unglaublich sein sollte, so hatte Rabins Begeisterung sie doch angesteckt und schließlich musste auch sie zugeben, dass sie ein wenig neugierig darauf war, welche Features die neuen Maschinen wohl versteckten. Rabin hatte ihr vorgeschlagen direkt morgen zu der ersten Testfahrt dabei zu sein und sie dachte ernsthaft darüber nach, nicht nur der Windreiter wegen, sondern auch, weil sie auch den letzten Tag des Wochenendes gerne mit ihrem Freund verbringen würde. Tatsächlich würde sie wohl am liebsten jeden Tag der Woche mit ihm verbringen, aber wenn sie tagsüber Unterricht hatte, war dafür oftmals einfach keine Zeit.
Einige Minuten verbrachten sie in der Halle, betrachteten die Maschinen und Rabin berichtete ausführlich alles, was er bisher aufgeschnappt hatte, ehe die beiden beschlossen die Halle zu verlassen. Rabin öffnete ihr die Tür und Rose wollte grade auf den leeren Flur treten, als ein leises Geräusch sie inne halten ließ.
Überrascht wandte sie sich an Rabin. „Hast du das gehört?“, fragte sie ihn und drehte sich automatisch auf dem Absatz um und wandte sich mit neugierigem Blick wieder den Windreitern zu. Sie war davon ausgegangen mit Rabin alleine gewesen zu sein und sie hätten es mitbekommen, wenn jemand die Halle betreten hätte. Die große Tür war der einzige Eingang.
Abermals erklang das leise Geräusch. Ein kaum vernehmbares Fluchen folgte, fast so als hätte sich jemand irgendwo gestoßen.
Konzentriert kniff sie die Augen zusammen, als ihre Füße sie zielstrebig durch den Raum trugen. Als wüsste sie bereits wohin sie gehen müsste, als hätte die Stimme genau sie gerufen. Sie suchte sich ihren Weg durch die Windreiter, genau auf den Punkt fixiert, von dem das Geräusch ausgegangen war.
Wieder vernahm sie eine leise Stimme und sie kam Rose so unglaublich familiär vor. Wie in Trance ging sie um die letzte Kurve, nahm ihre Umgebung kaum noch war, als sie schließlich hinter dem Windreiter stand, der ihr bisher den Blick versperrt hatte.
Sie ging in die Knie, bemerkte nicht, dass sich ihr Mund überrascht geöffnet hatte, als sie mit festem Blick den Rücken der Elfe vor ihr fixiert hatte. Langsam drehte sich das kleine Geschöpf vor ihr sich zu ihr um. Als sich ihr Blick traf, ließ die kleine Elfe schlagartig den Schraubenzieher fallen, den sie zuvor noch in der Hand gehalten hatte. Mit einem Knallen traf er auf dem Boden auf, verursachte ein lautes Scheppern, das von den Wänden widerhallte, doch Rose hörte es kaum. Sie war voll und ganz auf das kleine Geschöpf vor ihr konzentriert. Wie in Zeitlupe streckte sie eine Hand nach der Elfe aus. Was war das für ein seltsames Gefühl? Sie konnte es nicht zuordnen, sie hatte niemals etwas Ähnliches gefühlt. Es war anders als verliebt zu sein und es war auch anders als Freundschaft. Es war ein Gefühl von Verbundenheit, grade so, als hätte immer ein Teil von ihr gefehlt, der nun endlich komplettiert werden könnte.
Mit einigen winzigen Flügelschlägen flatterte die Elfe zu Rose, schob sich dabei die Fliegerbrille von den blauen Augen um die Fee besser sehen zu können. Auch sie hob eine ihrer kleinen Hände und berührte damit Rose Finger.
Wie ein gewaltiger Stromstoß durchzuckte es die Fee, doch sie hatte nicht das Verlangen die Berührung zu lösen. Noch nie hatte sich etwas so richtig angefühlt.
„Mein Name ist Rose.“, stellte sich Rose schließlich mit zittriger Stimme vor, nachdem sie diese endlich wiedergefunden hatte. Ihr Herz raste, sprang beinahe aus ihrer Brust und trieb ihr Blut in die Wangen, die bereits ganz gerötet waren. Die kleine Elfe rieb sich die großen Augen, grade so, als würde sie nicht glauben, was passiert war und Rose konnte diesen Gedanken gut nachvollziehen. Auch sie hatte die Geschehnisse noch nicht ganz realisiert. Niemals hatte sie erwartet, dass sie eine derartige Verbundenheit zu einem anderen Wesen empfinden könnte, niemals hätte sie erwartet, dass ein anderes Geschöpf ihr Wesen, ihren Charakter und ihre Person irgendwann einmal auf diese Weise komplettieren würde. Sie hatte nie realisiert, dass so ein gewaltiges Stück von ihr gefehlt hatte. Bis jetzt. Denn nun wusste sie, dass sie endlich irgendwie ganz war. Dass sie den letzten Teil ihrer Selbst gefunden hatte, obwohl sie nicht einmal gewusst hatte, dass sie danach gesucht hatte.
„Ich bin Bell.“, sagte nun die kleine Elfe und schenkte der Fee ein ehrliches Lächeln, das diese sofort erwiderte. Sie strahlte, fühlte sich voller positiver Energie, als sie langsam ihre Starre löste und sich aufrichtete. Sie hatte noch immer nicht den Blick von Bell abgewandt, ganz vergessen, dass auch Rabin noch anwesend war, der neugierig alles von der Tür beobachtet hatte.
Ihr ganzer Körper kribbelte noch immer vor Aufregung als sich Bell auf ihrer ausgestreckten Handfläche niederließ und sie mit neugierigem Blick begutachtete. Ein ganz untypisches Kichern entwich ihren Lippen. Das war doch nicht normal. Sie führte sich auf wie ein ganz anderer Mensch. Sie schmunzelte. Und doch war sie selten glücklicher gewesen.
previous: Kapitel 6: Stadtfest in Magix

first part written by: priestessLHIANNON


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